Die Lage in den europäischen Flüchtlingscamps ist weiterhin unerträglich. Als Rote Falken Österreich setzen wir uns laut für die Evakuierung der Lager ein und haben deshalb gemeinsam von 27.-28. März mit anderen zivilgesellschaftlichen Organisationen ein Protestcamp vor der Hofburg am Wiener Held*innenplatz organisiert. #24StundenMenschlichkeit #we4moria
„Wir sind einfach nur gerannt, um vom Feuer wegzukommen. Niemand hat mir geholfen. Ich bekam keine Luft mehr und dachte, ich würde verbrennen. Es war furchtbar, und ich habe immer noch Angst.“ - Asadi aus Afghanistan, 17 Jahre alt.
„Als eine Bombe explodierte, stürzte in unserem Haus alles ein. Wir haben alles verloren, was wir besaßen. Meine Eltern flohen mit uns in den Libanon. Wir hatten weder Geld für Essen noch hatten wir Geld, um eine Wohnung zu mieten. So blieb uns nichts anderes übrig als auf der Straße zu leben. Wir lebten in ein paar Kartons und bettelten, um etwas zu Essen zu haben. Meine Mutter wollte dieses Leben nicht länger mitmachen. Sie hat uns verlassen. Wir haben lange nichts mehr von ihr gehört.“ - Tarek aus Syrien, 4 Jahre alt
Während wir in Sicherheit und Wohlstand leben, sind weltweit 31 Millionen Kinder ohne Zuhause. Entwurzelt. Häufig getrennt von ihren Familien. Oft durch Krieg und Flucht schwer traumatisiert. Traurig, verzweifelt und auf der Suche nach Schutz und Geborgenheit. In den Lagern auf der griechischen Insel Lesbos warten derzeit rund 2.200 Kinder und Jugendliche auf Asyl. Die Wartezeit in den Lagern gleicht einem Alptraum, wie unzählige Berichte von Geflüchteten und Helfer*innen deutlich zeigen:
In den spärlichen Zeltbehausungen, ist feucht und eiskalt. Viele Kinder haben furchtbare Angst, wenn Wind und Wetter gegen die Zeltplanen peitschen. Das Geräusch erinnert sie an die Bootsfahrt nach Lesbos. Immer wieder sorgen die Witterungsbedingungen dafür, dass Zelte einstürzen, mobile Toiletten fallen um und der Inhalt ergießt sich ins Camp. Es gibt keinen Strom, keine Möglichkeit, sich aufzuwärmen oder Kleidung zu trocknen. Viele Kinder, insbesondere die kleineren, wissen nicht, wie sie mit all diesen Belastungen umgehen sollen. Sie beißen sich selbst, manchmal bis sie bluten. Sie hauen den Kopf gegen die Wand oder den Boden. Sie reißen sich die Haare aus. Manche werden apathisch, hören auf zu sprechen und müssen gefüttert werden, weil sie sonst nicht essen. Kinder, die den Brand in Moria miterleben mussten, beginnen zu schlafwandeln. Viele wurden damals vom Feuer geweckt und mussten um ihr Leben rennen. Das durchleben sie in Albträumen nun wieder und laufen nachts aus den Zelten heraus. Manche Eltern binden ihre Kinder deshalb im Schlaf an sich oder an eine der Zeltstangen, um sie zu schützen. - berichtet Karin Glatz-Bubrakk, Psychologin im Geflüchtetencamp Kara Tepe.
Diese unfassbaren Zustände auf Lesbos sind für uns kaum zu begreifen. Und doch ist das die Lebensrealität für unzählige Kinder und Jugendliche. Nicht nur auf Lesbos, sondern auch in anderen Flüchtlingscamps in der Europäischen Union, wie etwa auch in Bosnien. Das ist nicht erst seit gestern so, sondern bereits seit Jahren. Seit Jahren weisen NGOs, zivilgesellschaftliche Initiativen und Betroffene auf die humanitäre Krise in Europas Flüchtlingslagern hin. Seit Jahren wissen politische Entscheidungsträger*innen, dass in Europas Flüchtlingscamps Menschen verhungern, erfrieren, leiden und sterben.
Und wie reagiert die Europäische Union? Anstelle legale und vor allem sichere Fluchtrouten zu schaffen, wird die Grenzschutzagentur Frontex weiter ausgebaut. Fluchtrouten werden immer lebensbedrohlicher. Es kommt immer wieder zu illegalen Pushbacks. Auch in Österreich. Das Leiden in den Camps geht weiter. Europäische Regierungen, darunter auch unsere österreichische Bundesregierung, weigern sich Geflüchtete aufzunehmen und das obwohl, unzählige Menschen und Organisationen bereits laut und deutlich bekundet haben, helfen zu wollen. Es mangelt weder an Infrastruktur noch an Mitteln. Es ist eine bewusste Entscheidung Menschen, Kinder und Familien weiterhin in der Hölle der europäischen Flüchtlingscamps leiden und sterben zu lassen.
Kanzler Kurz und seine Regierung, leider auch die Grünen, schauen weiterhin tatenlos zu. Schlimmer noch: Sie inszenieren sich mit gefälschten Statistiken als große Retter*innen, und prahlen mit ihrem Einsatz vor Ort, obwohl alle wissen, dass dieser nur ein Tropfen auf den heißen Stein und in Wahrheit eine reine Alibiaktion ist. Aber vor allem, zeigen sie mit dem Finger auf andere und weisen die Verantwortung von sich. Frei nach dem Motto: „Österreich hat 2015 bereits genug getan - wir sind nicht mehr dafür verantwortlich!“ putzen sich Kurz, Nehammer und Co. die Hände ab.
Wir sagen klipp und klar: Doch ihr seid verdammt nochmal verantwortlich. 1989 haben fast alle Staaten der Vereinten Nation darunter auch Österreich die Kinderrechtskonvention unterzeichnet. Einige Teile daraus haben seit 2011 in Österreich sogar Verfassungsrang. In Artikel 4 der Kinderrechtskonvention heißt es:
„Die Vertragsstaaten treffen alle geeigneten Gesetzgebungs-, Verwaltungs- und sonstigen Maßnahmen zur Verwirklichung der in diesem Übereinkommen anerkannten Rechte. Hinsichtlich der wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Rechte treffen die Vertragsstaaten derartige Maßnahmen unter Ausschöpfung ihrer verfügbaren Mittel und erforderlichenfalls im Rahmen der internationalen Zusammenarbeit.“
Ja, Kinder haben Rechte. Sie haben das Recht auf Schutz und Fürsorge. Das Recht auf Staatsangehörigkeit. Das Recht auf Privatsphäre. Das Recht gehört zu werden. Das Recht auf ein gewaltfreies Leben. Das Recht auf Bildung. Das Recht auf Asyl. Das Recht auf ein gesundes Leben. Das Recht auf Freizeit.
Ja, Kinder haben Rechte und Österreich und die Vertragsstaaten haben sich dazu verpflichtet, alles zu tun, dass auch wirklich ALLE Kinder diese Rechte haben. Doch alle diese Rechte werden von der Europäischen Union und der Republik Österreich mit Füßen getreten. Das muss endlich ein Ende haben! Weil die Zustände in den Lagern eine wahre Schande für Österreich und die EU sind. Weil wir nicht länger zuschauen dürfen, wie Kinder und Familien leiden müssen. Weil nicht zu Handeln den Verlust von Menschenleben bedeutet. Und weil es unsere Pflicht ist, Menschen in Not zu helfen.
Deshalb: Evakuieren wir die Lager. Gewähren wir diesen Menschen Schutz. Bringen wir sie in Sicherheit und sorgen wir gemeinsam für eine gute und würdevolle Versorgung und Unterbringung. Denn: Wir haben Platz! Und jedes Kind hat das Recht auf ein gutes Leben.